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Georg Brentano und sein Park in Frankfurt-Rödelheim - eine Familiengeschichte / Kapitel VII.

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Bei den Eltern herrschten noch sehr strenge Vorstellungen, zum Glück wussten sie nichts von Elisabeths Bekanntschaften. Einmal brachte Elisabeth einen ihr Nahestehenden aus dem Chem. Institut mit nach Rödelheim und begleitete ihn nach dem Abendessen an die Straßenbahn. Sittliche Entrüstung bei den Eltern: das gehörte sich nicht! Der Betreffende hieß Paul Royen! Elisabeth und Paul machten noch einige Umwege, bis sie 1935 heirateten.

Bedingt durch die schwierigen Verhältnisse hatte jeder gesellige Verkehr aufgehört. Leider habe ich keinen Einblick in das alte Gästebuch der Eltern nehmen können. Der Vater hat immer allergrößten Wert darauf gelegt, daß kein Gast vergaß, sich einzutragen. Vielleicht wäre mir beim Durchblättern dieses Buches die eine oder andere Erinnerung gekommen.

Einen außergewöhnlichen Besuch habe ich allerdings im Gedächtnis behalten. Der alte Lujo Brentano kam nach Rödelheim. Auf mich, die damals vielleicht 10-jährige, machte der würdige Herr einen großen Eindruck. Als er wieder aufbrach, streckte ich im unbefangen die Hand entgegen. Nachher bekam ich von Elisabeth einen Rüffel: ein kleines Mädchen habe einem älteren Herrn nicht die Hand hinzustrecken. Er hat es mir sicher nicht verübelt.

Lujo Brentano, der bekannte Volkswirtschaftler, war ein Sohn von Christian, dem jüngsten Bruder der Brentanoschen Geschwisterschar im Goldenen Kopf. Christian hatte sehr spät geheiratet und Lujo war das Jüngste seiner sechs Kinder, so kam es zu dieser Generationsverschiebung. Ich war also durch diesen Urgroßonkel nur zwei Händedrucke von unserem Ururgroßvater Georg entfernt, der diesen Nachkömmling als kleinen Jungen gesehen haben mag. Die Vergangenheit war also für mich gar nicht so weit.

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