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Die Mutter schreibt in ihren
Erinnerungen: „Der Gedanke, wie schwierig für Annemarie ein Einleben
anderwärts werden würde, hatte mir oft den Gedanken an den Umzug
erschwert. Gott hat sie in seinem weisen Ratschluß vorher zu sich
genommen. – Die trüben Erfahrungen mit den letzten Mitbewohnern, die
von der Stadt bei uns im Haus untergebracht waren, haben den uns so
schweren Abschied erleichtert. Diese Familie war so arm, daß es
vielleicht nicht erstaunlich war, daß die Frau nahm, was sie fassen
konnte. Schon vorher hatte ich gemerkt, daß Brotlaibe aus unserem Schrank
verschwanden. Da es sich nach dem Umzug zeigte, daß einige Sachen
fehlten, bestand die Transportfirma darauf, daß eine Haussuchung gemacht
wurde. In Gegenwart der kleinen Kinder war dies äußerst peinlich. Es
wurde eine wunderliche Liste von Dingen gefunden, angefangen mit einem
Fetttopf, einer Milchkanne, Servietten, Küchentüchern, einem Vogelkäfig,
einer Wolldecke, einem hochlehnigen geschnitzten Stuhl und einem Bild des
göttlichen Kinderfreundes, allerdings das Wertvollste, ein großer
Teppich und ein Tischgedeck, fand sich nicht. So war es nicht zu
verwundern, daß wir alle aufatmeten, als wir endlich in einer
Etagenwohnung für uns allein waren.“
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